Die Zeit dazwischen

Das Abi liegt hinter mir. Das Studium liegt (voraussichtlich) vor mir. Und was ist jetzt?
Jetzt ist die Zeit dazwischen.
Die Zeit zwischen Vergangenheit und Zukunft. Einfach nur Gegenwart.

Ein bisschen fühlt es sich an, wie die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr. Es gibt kaum etwas zu tun, kaum Verpflichtungen. Das alte Leben, die alten Gewohnheiten sind Vergangenheit. Der Schulweg ist nicht mehr Schulweg sondern nur noch der Weg in die Stadt. Das Pausenbrot um 9:30 Uhr und 11:15 gibt es nicht mehr, der Hunger aber bleibt (immer schön pünktlich) und erinnert mich daran, dass jetzt Pause wäre. Es gibt keine Hausaufgaben mehr, die erledigt werden müssten, keine Arbeiten, für die es zu lernen gilt. Keine Deadlines mehr, die ich einhalten muss. Ich bin frei.
Das alles ist neu. Diese Freiheit ist neu, manchmal auch beängstigend. Und doch habe ich mich erstaunlich schnell daran gewöhnt.

Die Zeit dazwischen ist schön. Sie ist anders als geplant und anders als erwartet. Aktuell ist schließlich sowieso alles "anders".
Wir können nicht reisen, wie geplant. Viele können nicht arbeiten, wie geplant. Wir können die Zeit nicht mit unseren Freunden verbringen und teilen, wie geplant. Jeder Plan wurde über den Haufen geworfen, oder zumindest infrage gestellt.
Und jetzt? 
Was macht man nun, ohne Plan und ohne die Möglichkeit zu planen? Ohne Gewissheit und ohne jegliche Vorstellung von der Zukunft?
Man lebt, gezwungenermaßen, im Moment und in den Moment hinein. Wir sind gezwungen, unsere Zeit selbst zu gestalten, ohne uns von anderen mitreißen zu lassen. Wir verbringen Zeit mit uns selbst.
Es nervt, sich nicht mit anderen treffen zu können.
Es nervt, seine sozialen Kontakte auf das Internet verlegen zu müssen.
Es nervt, dass einige Kontakte darunter leiden.
Es ist schlimm zu wissen, dass es so vielen Menschen so viel schlechter geht in dieser Zeit, dass andere wesentlich härter getroffen sind.
Es ist schwierig, die eigenen Probleme nicht zu schwer, aber auch nicht zu leicht zu nehmen.
Diese Zeit nervt und hat dennoch positive Aspekte. Aspekte, die uns weiterbringen können. Denn es ist wichtig, zu lernen, Zeit mit sich selbst zu verbringen.
Ich habe gelernt, dass ich nicht immer andere Menschen und Beschallung von außen brauche, um zufrieden, ja um glücklich zu sein. Manchmal geht es mir sogar besser, wenn ich mich nur mit mir, und nicht mit anderen beschäftigen muss. In dieser Zeit dazwischen setze ich mich zwangsläufig mit mir selbst auseinander. Ich merke, was mir gut tut, was ich brauche, und was nicht. Ich merke, wie gut es tut raus zu kommen, Spazieren zu gehen und die Natur zu genießen. Ich merke, wie schön es ist, einen gemütlichen Abend mit einem Film und Chips zu verbringen. Ich merke auch, dass mir meine Freunde fehlen, die Spielabende, der Austausch. Wenn es abends noch warm ist, denke ich daran, dass das Wetter perfekt wäre um zu grillen und gemütlich zusammenzusitzen.
Dann werde ich traurig.
Es mischt sich aber auch ein bisschen Freude mit in diese Traurigkeit. Vorfreude, um genau zu sein. Denn irgendwann werden wir wieder Spielabende machen. Irgendwann werden wir uns wieder treffen um zu grillen. Und bis dahin müssen eben Skype, Sprachnachrichten und Spaziergänge mit Abstand herhalten. Bis dahin werde ich mich wohl noch ein bisschen mit mir selbst beschäftigen müssen.
Und sind wir mal ehrlich... Soo schlimm ist das gar nicht.

Vielleicht ist es ja sogar ganz gut. Sich nochmal zu sammeln, bevor es auf ins nächste Abenteuer und auf in den nächsten Lebensabschnitt geht. Vielleicht ist ganz gut, zu wissen was man will und was man braucht, bevor das Leben weitergeht.
So hilft mir die Zeit dazwischen, mich neu zu fokussieren und mich darauf vorzubereiten, in der neuen Umgebung, in der neuen Situation, die mich bald erwartet, nicht unterzugehen. Denn davor habe ich Angst. Aber das ist ein anderes Thema.

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